Vortrag – Offene Fachtagung des Reisenetzes in Berlin

 

 

 

 

 

 

 

 

Vom 14. bis 16. November 2013 fand die offene Fachtagung (OFT) des Reisenetzes in Berlin statt.

Das Reisenetz e. V. ist der deutsche Fachverband unabhängiger Veranstalter von Kinder- und Jugendreisen. Die Reisenetz-Jahrestagung gehört zu den bedeutendsten Fachveranstaltungen der deutschen Jugendreiseszene. In verschiedenen Workshops und Vorträgen werden aktuelle Themen des Kinder- und Jugendreisens behandelt.

Einer der Workshops befasste sich mit dem Thema Rundfunkbeitrag (Vortrag herunterladen):


GEZ-abzocke bei Jugendunterkünften
Der Widerstand gegen die neue GEZ-Beitragsordnung 2013

 

Nachdem das Reisenetz frühzeitig auf die fatalen Auswirkungen der neuen GEZ-Beitragsordnung 2013 für Jugendunterkünfte hingewiesen, in einer Umfrage mit fast außen Rückmeldungen und einer OSP-Veranstaltung im vergangenen Jahr das Thema behandelt hat, steht nun der Widerstand im Fokus. Dabei wird zunächst der Vortrag eines ausgewiesenen „GEZ-Widerstand-Insiders“ die unglaublichen Fakten des GEZ-Systems beleuchten, um anschließend über die Erfahrungen der Jugendunterkünfte und mögliche Szenarien für einen koordinierten Widerstand zu diskutieren. Der Workshop soll Handlungsempfehlungen geben und denkbare Maßnahmen des Reisenetzes diskutieren und beschließen.


Zunächst möchte ich mich bei den Organisatoren herzlich bedanken. Es war mir ein Vergnügen, einen Einblick in die Kinder- und Jugendarbeit zu bekommen. Umso mehr ärgert es mich, dass so eine wichtige Arbeit vom Rundfunkbeitrag nicht verschont bleibt. Mit dem ewigen Vorwand des Informations- und Bildungsauftrages werden wichtigen Institutionen, welche sich der Kinder- und Jugendarbeit widmen, finanzielle Mittel entzogen. Viele fragen sich, warum Kinder und Jugendliche, deren Eltern bereits zuhause den vollen Rundfunkbeitrag bezahlen, für Kinder- und Jugendunterkünfte nochmals bezahlen müssen? Das frage ich mich auch.

Am 15. November habe ich meinen Vortrag gehalten, dessen Text ich weiter unten aufführe. Für den Vortrag waren 30 Minuten veranschlagt worden – daraus wurde fast das Doppelte. Ich habe mich zunächst vorgestellt und den Anwesenden meine Motivation, mich mit diesem Thema zu beschäftigen, erklärt. Anschließend habe ich einen kurzen geschichtlichen Exkurs gemacht, indem ich über die ursprüngliche Notwendigkeit des öffentlich-rechtlichen Rundfunks sprach, um dann den Begriff der Grundversorgung zu erklären.

Danach sprach ich über den gegenwärtigen öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Unter anderem versuchte ich den Anwesenden die finanziellen Dimensionen, die der öffentlich-rechtliche Rundfunk heute angenommen hat, einleuchtend zu erklären: Dieser kostet täglich 21 Millionen Euro – Nun was wird damit finanziert? An dieser Stelle versuchte ich die Aufgaben des öffentlich-rechtlichen Rundfunks abzugrenzen, um die 21 Millionen EUR zu rechtfertigen, was aber erwartungsgemäß nicht gelang. So sind wir vom Begriff Grundversorgung zum Begriff „Überversorgung“ übergegangen.

Nachdem die Anwesenden den kleinen Schock überstanden hatten, befasste ich mich mit den Auswirkungen des Rundfunkbeitrages auf das Reisenetz. Ich sprach zunächst über die Kosten bzw. Kostenermittlung, damit sich jeder einigermaßen vorstellen kann, was auf ihn zukommt. Anschließend behandelte ich mögliche Gegenmaßnahmen. Dazu zählen unter anderem die Klagen, wobei man hier unterscheiden muss zwischen Verband, Betrieb und Privatpersonen. Es ist auf jeden Fall wichtig, dass man auf allen Ebenen klagt. Selbstverständlich wurden auch die Kosten der ersten Instanz genannt. Als weitere Gegenmaßnahmen empfahl ich eine schonungslose Aufklärungs- und Öffentlichkeitsarbeit.

Nach meinem Vortrag übernahm der Moderator, Herr Bötcher, das Wort. Er sprach über die Motivation des Reisenetzes, gegen den Rundfunkbeitrag vorzugehen. Was mir dabei sehr gefallen hat, ist die Tatsache, dass es nicht nur um die finanzielle Belastung geht, sondern auch ums Prinzip. Es darf einfach nicht sein, dass Institutionen, die Kinder-und Jugendarbeit leisten, zur Finanzierung eines heute nicht mehr notwendigen Apparates herangezogen werden.

Wenn man sich weiter darüber Gedanken macht, erscheint die gesamte Situation sogar als pervers: Die meisten Häuser verzichten bewusst auf Rundfunk, um Kindern und Jugendlichen Alternativen zu bieten, die jenseits der täglichen medialen Gleichschaltung liegen. Und nun werden gerade diese Häuser zur Finanzierung dessen herangezogen, was sie selbst ablehnen und nicht anbieten. Hier kann ich mir eine Frage nicht verkneifen: Gehört das zum Bildungsauftrag?

Bemerkenswert ist der Umstand einiger Häuser, die mit dem Rundfunkbeitrag durchaus etwas besser fahren – sie bieten seit eh und je in ihren Zimmern Rundfunk an –, dass sie trotzdem gegen den Rundfunkbeitrag vorgehen wollen. Sie solidarisieren mit den Häusern, die bewusst auf Rundfunk verzichten.

Es gibt allerdings auch eine Entwicklung, die mir persönlich Sorge bereitet: Wichtige Träger, die das große Potenzial haben, deutschlandweit und über alle Bevölkerungsschichten hinweg Massen zu bewegen, stellen sich auf die Hinterpfoten und teilen dem Beitragsservice mit, dass sie zwar den Rundfunkbeitrag bezahlen werden, aber keinen einzigen Cent mehr als bis Ende 2012. Da diese Institutionen sehr wichtig und einflussreich sind, wird deren Entscheidung bisher vom Beitragsservice stillschweigend akzeptiert. Wenn man zusätzlich bedenkt, dass die Einnahmen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks unaufhörlich steigen, tut es sicherlich nicht weh, stillschweigend die Weigerung einiger Institutionen zu akzeptieren. Würde eine dieser Institutionen gegen den Rundfunkbeitrag vorgehen, so wäre der Schaden für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk weitaus größer.

Um welche Institution es an dieser Stelle geht, weiß ich ganz genau. Ich möchte sie allerdings nicht nennen, solange mir die Erlaubnis dazu nicht schriftlich vorliegt.

Hier besteht die große Gefahr, dass viele Institutionen, Verbände, Firmen usw. ihren Kopf aus der Schlinge ziehen, indem sie dem Beitragsservice indirekt mit gezielter Öffentlichkeitsarbeit drohen und somit weniger zahlen, als diejenigen, die keine Lobby haben. Im Umkehrschluss bedeutet das, dass früher als später die Beiträge steigen werden und diese von den letzten Gliedern in der Kette, also von uns, bezahlt werden.

Das Reisenetz wird auf allen Ebenen gegen diese Ungerechtigkeit vorgehen. Ich hoffe sehr, dass es Erfolg hat und nicht vor dieser Mammutaufgabe einknickt. Durch seine Kinder-und Jugendarbeit hat das Reisenetz das notwendige Potenzial, auf sich aufmerksam zu machen.

Sollte das Reisenetz meine Hilfe benötigen, so stehe ich ihm jederzeit gerne zur Verfügung.

Vortrag herunterladen

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