Beitragsservice

Zum 1. Januar 2013 bekam die frühere GEZ ein neues Mäntelchen umgehängt. Das heißt jetzt Beitragsservice von ARD, ZDF und Deutschlandfunk. Dann schaue ich mir dieses Wort doch mal genauer an.

 

Beitrag

Die öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten (später kurz ÖR genannt) nennen dies einen Demokratie-Beitrag. Ich fördere also die Demokratie in diesem Land, wenn ich den Beitrag bezahle? Ganz so wollten sie sich nicht verstanden wissen, die Damen und Herren in den Vorstandsetagen. Vielmehr erklären sie mir vollmundig, die neue Form der Beitragszahlung wäre gerecht, weil jetzt jeder Haushalt denselben Betrag entrichten müsse. Aha.

Irgendwie scheinen aber wir beide – der ÖR und ich – eine unterschiedliche Auffassung von Gerechtigkeit zu haben. In meinen Augen wäre es gerecht, wenn jeder Bürger gleich viel entrichten müsste. Bezieht sich der Beitrag auf den Haushalt, dann zahlt die Einzelperson genauso viel wie die vierköpfige Familie. Also entrichtet beispielsweise der allein stehende Rentner, dem sowieso schon mittels Salami-Taktik ständig an der Rente herum gepfriemelt wird, ebenso viel wie sein Enkelsohn nebst Gattin und zwei Kindern. Hm.

Solchermaßen sensibilisiert frage ich doch auch gleich mal nach, woher der ÖR eigentlich um die Anzahl der Haushalte in Deutschland weiß, nebst dazugehörigen Adressen, versteht sich. Denn wenn er die jetzt alle mit Rechnungen beglücken will, muss er sie ja kennen. Das hat er ganz schlau eingefädelt, der ÖR. Mit parlamentarischer Genehmigung darf er seit Beginn dieses Jahres sämtliche Meldedaten aus allen Kommunen anfordern. Abgleichung nennt sich das, so wird er auch künftig fein säuberlich über Umzüge informiert, damit ja keins der Schäflein verloren geht. Aber misstrauisch ist er schon, dieser ÖR. Und so hat er sich vorgenommen, auch gleich mal die Vermieter zu kontaktieren, falls es doch irgendwo eine Unklarheit gibt. Ebenso natürlich die Gewerbeämter. Denn Selbstständige, die dürfen mehrfach bezahlen. Hat ein Gewerbetreibender sein Geschäft z. B. in der Wohnung und für diese werden bereits Gebühren bezahlt, dann wäre der gewerbliche Beitrag damit zunächst abgegolten. Zunächst, denn in diesem Fall entfällt den für Gewerbetreibende freien ersten PKW, so dass man, sofern man einen PKW hat, für diesen einen Drittelbeitrag extra bezahlen muss. In anderen Worten: Zu den privaten 17,98 EUR kommen noch 5,99 EUR dazu, so dass man in diesem Fall 23,97 EUR monatlich blechen darf. Ist der Betrieb dagegen außerhalb der privaten Wohnung, so muss der Gewerbetreibende mindestens 5,99 EUR monatlich entrichten. Keine Gnade – der Gewerbetreibende zahlt mehrfach, wäre ja noch schöner!  Gerechtigkeit und so.

Was da geschieht, ist der Aufbau eines Parallel-Melderegisters. Ist das legal im Sinne einer Demokratie? Nein. Stört sich irgendein Politiker daran? I wo.

Ganz witzig finde ich, dass derzeit viele Gerichte Sturm laufen gegen die neue Regelung. Aber nein, nicht etwa deshalb, weil sie undemokratisch oder ungerecht wäre. Vielmehr, weil die Gerichte ebenso behandelt werden wie Unternehmer. Irgendwie scheinen da die vielen PCs als eigene Haushalte zu gelten. Oder wie sonst lässt es sich erklären, dass plötzlich immense Beitragsrechnungen gefordert werden? Das mögen die Juristen gar nicht, dass ihre armen Gerichte so zur Kasse gebeten werden. Unhaltbar! Das bedarf der Nachbesserung! Rufen sie.

Genauso zimperlich stellen sich Filialisten an. Manche klagen bereits. Verständlich, da geht es um Summen im sechsstelligen Bereich. Auch so mancher Bürgermeister bemerkte inzwischen, dass ein großes Loch in sein ohnehin viel zu schmales Budget gerissen wird. Auch hier sind schon Klagen anhängig.

Da kocht nun jeder sein eigenes Süppchen und natürlich wird es „Nachbesserungen“ geben. Ich denke sogar, dass die von vornherein eingeplant waren. Das wird uns monatelang beschäftigen. Letztlich wird es für die Gerichte, die Kommunen, die Großunternehmer zufrieden stellende Lösungen geben. Klar doch. Und wir werden so sehr davon in Atem gehalten sein, dass wir gar nicht mehr darüber nachdenken, wie sehr der einzelne Bürger als Weihnachtsgans betrachtet wird.

Aber ich – und viele andere mit mir – denken darüber nach. Jetzt und künftig. Es stimmt, dass mehrköpfige Haushalte derzeit gleich oder sogar besser fahren als bisher. Fein. Wie lange? Glaubt irgendjemand, dass der jetzige Beitrag auf lange Jahre hinaus zementiert wird? Ich gönne mir ein mildes Lächeln. Nicht doch, da wird es regelmäßige und stets gut begründete kleine Anhebungen geben. Wer jetzt € 17,98 im Monat zahlt, der zahlt auch € 18,13, im weiteren Verlauf dann € 18,28. Undsoweiterundsoweiter. Bürger, das sind ja sozusagen nachwachsende Rohstoffe. Die Jungen wissen irgendwann nicht mehr, wie das alles einst begann. Wenn die dann mal bei € 27,98 angekommen sind, sitzt Oma im Lehnstuhl und wird ob ihres Spruchs „Früher war das nicht so teuer.“ mitleidig angeblickt.

Übrigens stimmt es gar nicht, dass „nur“ € 17,98 bezahlt werden. Ganz auf den alten Stand werden die oben genannten staatlichen und kommunalen Ämter sowie die Unternehmer nicht zurückgefahren werden. Irgendwo muss der Mehraufwand ja wieder hereinkommen. Und wer bietet sich zum Aufstocken besser an als - der Bürger?

Wofür soll er nun eigentlich bezahlt werden, dieser Beitrag? Für Sender, die ihren gesetzlich verankerten Bildungsauftrag nur noch höchst mangelhaft erfüllen. Die immer mehr in dümmliche Unterhaltung abgleiten, deren „Informationspflicht“ inzwischen recht lax gehandhabt wird. Quote statt Qualität lautet die Maxime. Die ja schon lange auf den Fahnen der meisten privaten Sender stand. Dieser Moloch soll mit aller Gewalt erhalten bleiben, mit „öffentlich“ oder gar „rechtlich“ hat das schon lange nichts mehr zu tun. Wohl aber mit völlig überzogenen  Gehaltszahlungen an die Führungsriege und „Moderatoren“. Ach, die Gänsefüßchen? Als Moderator wird ein Mensch bezeichnet, der ein Gespräch lenkt oder lenkend in eine Kommunikation eingreift. Der also über ein gewisses Maß an Intelligenz, Fingerspitzengefühl, Kritikfähigkeit verfügen sollte. Wie viele derjenigen, die sich so nennen, dürfen das erhobenen Hauptes für sich beanspruchen?

Dieser Beitrag dient ausschließlich dazu, der drohenden Konkurrenz vonseiten der Privatsender und – vor allem! – vonseiten des Internets eine lange Nase zu drehen. Die eigenen Pfründe zu sichern. Somit wird er zum Zwangsbeitrag, der auch dann zu entrichten ist, wenn man den Segnungen dieses Betriebes völlig ablehnend gegenübersteht. Ein solcher Zwangsbeitrag ist unterm Strich nichts anderes als eine gut verkappte Steuer. Zumal er ja – um das nicht in Vergessenheit geraten zu lassen – parlamentarisch abgesegnet wurde.

Ginge es denn nicht anders? Doch, natürlich. Die Privaten machen es ja vor. Die finanzieren sich ausschließlich aus Werbeeinnahmen. Igitt. Das will doch keiner! Der ÖR hingegen finanziert sich aus Beiträgen. Und aus Werbeeinnahmen. Das ist ein bisschen weniger Igitt. Aber nur ein bisschen. Wäre der ÖR gezwungen, sich durchgängig ebenso zu finanzieren, müsste er sich mächtig anstrengen, um gleich hohe Einnahmen zu bekommen. Puh. Er müsste sich vielleicht sogar gesundschrumpfen. Und wirklich gute Programme bieten. Kontrast, sozusagen.

Es gibt sogar noch eine zweite Möglichkeit – Pay-TV. Wird auch schon praktiziert, ist technisch machbar. Da würde dann jeder nur das kaufen, was er auch wirklich sehen oder hören will. Diese Lösung würde den Beinamen „gerecht“ tatsächlich verdienen. Der Zwang läge dann nicht mehr beim Haushalts-Bürger sondern bei den Sendern. Der Zwang nämlich, ein dermaßen attraktives Programm zu bieten, dass die Bürger gar nicht umhin können und es abonnieren müssen. Für dümmliche Shows legt niemand freiwillig auch nur einen Cent hin. Aber es gibt in unserem Land der Dichter und Denker genügend Menschen, die mit Freuden einen Sender abonnieren würden, der ihnen echte Information, gut gestaltete Bildung und niveauvolle Unterhaltung bietet. Diese Verschlüsselung hat noch einen Nebeneffekt. Während jetzt die deutschen Bürger bezahlen, guckt das Ausland umsonst mit. Will ein Ausländer unter Pay-TV mitgucken, darf er sich ebenfalls an den Kosten beteiligen.

 

Service

Ich blicke auf die zweite Worthälfte. Das klingt so nett. Service, da kann ich einen Dienst in Anspruch nehmen, suggeriert mir dieses Wort. Etwa so, als würde mir ein Kellner in einem feinen Restaurant die Speisekarte vorlegen, um mir also gleich freundlich und hilfsbereit das Gewünschte zu servieren.

Von wegen. Der „Dienst“ dient nur einem Zweck: Diejenigen zu bedienen, die unter Missachtung jeglichen Demokratie-Verständnisses uns allen langfingrig in die Tasche greifen.

Danke, ich bin bedient! 

 


Hierbei handelt es sich um einen Gastkommentar. Die Ansichten und Äußerungen des Autors müssen nicht unbedingt unsere Meinung zu den behandelten Themen wiederspiegeln.